Ein Interview mit Eugene Boateng

Mit vielen Gänsehautmomenten durch einen großartigen und authentischen Film, der so viel mehr ist als Schauspiel.

Der deutsch-ghanaische Film „Borga“ bewegt Kritiker und Zuschauerschaft mit einem einzigartigen Konzept und einer herausragenden Schauspielleistung. Das Drama unter der Regie von York-Fabian Raabe gleicht eher einer fiktiven Dokumentation. Eugene Boateng spielt die Hauptfigur Kojo, einen jungen Ghanaer, der nahe der Elektroschrottverarbeitung in Agbogbloshie aufwächst. Erfüllt mit der Hoffnung in Deutschland ein neues Leben im Wohlstand führen zu können, begegnen ihm auf seinem Weg viele Hürden und Hindernisse. Mehr Opfer seiner Umstände, arbeitet Kojo an sich selbst. Er macht Fehler, lernt aber auch aus ihnen, um Fuß in der harten Realität fassen zu können. York-Fabian Raabe hat zusammen mit Eugene Boateng die Geschichte eines jungen Menschen geschaffen, der sich selbst empowert, nicht aufgibt und lernt, an sich zu glauben. So haben sie einen Film geschaffen, der die deutsche Filmwelt aufrüttelt und eine Alternative zu den stereotypischen Filmansichten bietet.

Eugene Boateng ist Schauspieler, Choreograf, Tänzer und Model. Er wurde am 20. März 1985 in Düsseldorf als Sohn ghanaischer Eltern geboren. Aufgewachsen in der Kiefernstraße hat sein Vater ihm schon früh Disziplin und Respekt mit auf den Weg gegeben. Nur wer hart arbeitet, bekommt das, was er will. Mittlerweile wohnt er in Berlin, aber seine Werte hat er mitgenommen und gibt sie jetzt durch eine wirklichkeitsgetreue Geschichte an die Zuschauer:innen weiter.

Wir haben Eugene interviewt und Fragen zum Film und seiner Person selbst gestellt.

Was ist deiner Meinung nach das Besondere an dem Film Borga?

Credits: Instagram @borga_themovie

Für mich ist das Besondere an „Borga“ auf jeden Fall, dass der Film von einer afrikanischen, schwarzen Perspektive erzählt wird, und das hat es bis jetzt noch nie gegeben in Deutschland. Auch die Arbeitsweise: Wir haben ein Projekt geschaffen, das wir auf Augenhöhe gedreht haben. Das bedeutet, York-Fabian Raabe, der Drehbuchautor und Regisseur, kam mit dem Projekt auf mich zu. Und dann habe ich so viel von meinem Wissen und meiner Kultur reinbringen können, damit das Ganze so authentisch wie möglich ist.

Auch bei den Dreharbeiten in Ghana habe ich gemerkt, dieses Projekt ist für so viele Menschen oder eigentlich für alle in Ghana so ein wichtiges Projekt, weil sie dachten: „Zum ersten Mal machen wir ein internationales Projekt, wo wir was zu sagen haben. Was wir mit gutem Gewissen nach außen schicken können und sagen können, ‚hey, das stellt uns richtig dar‘.“ Wir sind mit einem deutschen Team nach Ghana gefahren, das heißt mit sechs Leuten vom Kreativteam. Ansonsten waren alles nur Ghanaer, die mit uns gearbeitet haben. Somit haben wir wirklich ein Projekt geschaffen, wo wir uns auf Augenhöhe getroffen haben.

Was verbindet dich mit dem Film/der Geschichte?

Ich bin damit groß geworden, dass meine Eltern versucht haben, das Leben hier und in Ghana parallel zu balancieren. Sie haben halt unsere Familie in Ghana Geld geschickt, um ein Haus zu bauen und all das. Genauso wie es in „Borga“ läuft. Aber das ist nicht nur bei meinen Eltern so, sondern bei ganz vielen ghanaischen Eltern, die so ein ähnliches Schicksal durchmachen müssen.

Es ist für mich ein Herzensprojekt, weil mir persönlich lag und liegt so viel daran, diese Geschichte zu erzählen. Zum einen, weil es die Story meines Vaters ist, aber auch, weil ich so viele Jahre und nicht nur ich, sondern sehr viele Ghanaer oder sehr viele Afrodeutsche sich gewünscht haben, dass mal so eine geile authentische Geschichte erzählt wird. Mit der wir uns identifizieren können.

Was würdest du den Zuschauer:innen des Films gerne mit auf den Weg geben?

Was ich den Zuschauern und Zuschauerinnen gerne mitgeben würde ist: Glaubt an euch!

York-Fabian Rabe, der Regisseur, kam mit so einem Projekt auf mich zu und ich konnte so viel dazugeben, weil ich weiß, wer ich bin, weil ich weiß, wo ich herkomme. Das bedeutet, ich bin mit meiner Kultur groß geworden und trage sie in mir. Aufgrund dessen, dass ich mir dessen bewusst bin, wo ich herkomme, wer ich bin, konnte ich so viel in den Film geben.

Was können die Zuschauer:innen aus dem Kinofilm für ihr eigenes Leben mitnehmen?

Woanders ist es nicht immer besser. Sondern was kann ich tun? Man soll sich immer die Frage stellen, was kann ich tun? Was kann ich jetzt tun, da wo ich gerade bin? Was kann ich bewegen? Und egal, was du tust, tue es für deine Familie.

Was hat dich besonders motiviert/inspiriert?

Mein Vater hat immer gesagt, Disziplin, Disziplin, Disziplin, Respekt, Respekt, Respekt. Und lernen, lernen, lernen. Schule, Schule, Schule. Ich erinnere mich an einen Satz. Mein Vater sagte mir eines Tages:“If you want to choose like a king. You have to become the king.“ und das ist mir im Kopf geblieben.

Wenn ich wirklich was haben will, muss ich was dafür tun, damit ich es bekomme. Das bedeutet, Gas zu geben. Ich schiebe gerne eine längere Schicht, ich mache gerne noch eine Stunde länger. Ich gebe mehr Gas, um dahin zu kommen, wo ich hinkommen will. Und auch durch das Tanzen habe ich gelernt, was es bedeutet, Gas zu geben, diszipliniert zu sein, um einen Battle zu gewinnen. Ich wollte immer der Beste werden. Ich wollte immer der Beste sein im Tanz. Das bedeutet, ich musste länger trainieren als alle anderen. Das heißt, selbst wenn ich mich mit meinem Tanzpartner getroffen habe und wir trainiert haben, habe ich dafür gesorgt, dass ich vorher vier Stunden alleine war und alleine trainiert habe, bis wir uns getroffen haben und dann nochmal ein paar Stunden trainiert haben.

Dann habe ich aber auch Vorbilder wie Will Smith und Denzel Washington und was ich von denen vor allem gelernt habe, ist, ‚nein‘ zu sagen. So viele Projekte, so viele Anfragen, da ist es glaube ich sehr wichtig, zu selektieren und zu sagen ‚okay, diese Rolle mache ich nicht und dazu sage ich nein‘. Denn jede meiner Rollen soll für meine Community, für die ganzen Afrodeutschen etwas sein, das sehr, sehr up-lifting ist, damit sie denken: „Wow, okay, gut. Der stellt uns in so einem anderen Licht dar.“ Vor allem weil wir so viele Jahre irgendwie auch so Fremdscham gefühlt haben, wenn wir bestimmte Filme oder Rollen gesehen haben.

Genau, deswegen also wirklich meine Familie, aber auch Denzel Washington und Will Smith. Dann muss ich dazu noch sagen, meine Niederlagen. Meine Niederlagen haben mich motiviert, meine Niederlagen haben mich noch, noch hungriger gemacht.

Was möchtest du in den nächsten Jahren noch erreichen?

Credits: tapsmoments

Sehr, sehr viel. Ich möchte Filme machen, Serien, und fette Produktionen. Ich habe angefangen zu schreiben. Schreibe an einem Drehbuch und vielleicht bin ich in einem nächsten Projekt auch Buchautor und werde da natürlich auch die Hauptrolle spielen. Ich hätte gerne einen Deal mit Netflix, sodass wir einfach geile Kinofilme machen können. Ich würde gerne einen Boxer spielen. Aber ich hätte auch Bock auf so eine richtig, richtig geile, schöne Liebesgeschichte, die echt kitschig ist. Darauf hätte ich echt Lust. Und ja, eigene Produktion kann ich mir bestimmt auch vorstellen. Und ich will einfach sehr, sehr viel. Ich will auch Action machen, so wo man rennt. Ich habe einfach richtig Bock auf richtig geile Produktionen.

Wir sind ja ein Sneaker Store und da kommt natürlich auch die Frage auf, ob es einen Sneaker gibt, der dich besonders in deinem Leben begleitet hat.

Gibt es einen Sneaker, der mich besonders in meinem Leben begleitet hat? Ja und zwar ist es der Nike Dunk High in blau, orange-weiß. Das ist mein Tanzschuh gewesen. Mit diesem Schuh habe ich die wichtigsten Battles gewonnen und immer wieder, wenn ich diesen Schuh sehe, werde ich irgendwie ein bisschen emotional. Ich habe den Schuh selbst nicht. Ich glaube, ich werde mir den irgendwann mal wieder holen. Aber dieser Schuh ist krass. Dann gibt es diesen schwarzen Jordan 1… Ich finde, das ist der eleganteste und heftigste Sneaker. Den werde ich mir jetzt auf jeden Fall holen. Das habe ich auch letztens in dem Interview gesagt, dass das der Schuh ist, den ich mir immer kaufen wollte.

Gibt es irgendwas was du noch für die Leser:innen erzählen/hinzufügen möchtest?

Credits: tapsmoments

Ich glaube, ich will denen auf jeden Fall sagen, wir haben den deutschen Schauspielpreis gewonnen, vor allem die ganze afrodeutsche Community. Wir sind ein Teil von der ganzen Gesellschaft hier und ich will, dass wir zusammenkommen und uns alle auf Augenhöhe begegnen – Uns respektieren und anfangen, Dinge gemeinsam zu packen. Denn nur, wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen, gemeinsam Dinge rangehen, gemeinsam Dinge anpacken, können wir wirklich Deutschland tief beeinflussen und ich sag auch gerne, Ghana positiv beeinflussen und die ganze Welt positiv beeinflussen. Es fängt auf jeden Fall mit Respekt an. Wenn wir unseren Gegenüber respektieren, wie wir uns selbst respektieren, dann können wir gemeinsam schon einiges bewegen.

So let‘s come together! Make the world a better place!

Julia